Gedenkrede zum Volkstrauertag
Am 16. November 2025 hielt unser 3. Bürgermeister Ralph Ritter anlässlich des Volkstrauertags eine Gedenkrede in Alzenau. Nachfolgend geben wir seine Ansprache wieder sowie das bayernweite Totengedenken, das von der Kolpingkapelle Alzenau musikalisch begleitet wurde.
Liebe Anwesende,
vor achtzig Jahren endete der Zweite Weltkrieg, eines der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte. Rund 3,5 Prozent aller damals lebenden Menschen verloren ihr Leben im Krieg. Heute gedenken wir jener, die unmittelbar davon betroffen waren, und jener, die danach in Trümmern eine Zukunft suchten. Aus Büchern, Berichten und persönlichen Gesprächen hören wir von Verlust und Angst, aber auch von zaghafter Hoffnung, die über die Jahre hinweg getragen wurde.
Zunächst im Westen und seit 1989/90 in einem wiedervereinten Deutschland haben wir das Geschenk der Freiheit erhalten. Doch heute erleben wir erneut Zeiten vermehrter Unsicherheit. Die Gewalt in der Welt, politische Spannungen, Krisen im Nahen Osten und internationale Spannungen, auch in Bezug auf wichtige Allianzen, stellen uns vor neue Herausforderungen. Diese Unsicherheit kann zu Frustration führen und dazu, dass Schuldzuweisungen leichter fallen als Lösungswege. Doch wir dürfen uns nicht in Selbstbezogenheit verlieren. Freiheit gelingt nur, wenn sie im Bewusstsein unserer Verantwortung füreinander gelebt wird.
Der Klebstoff unserer Gesellschaft ist der Gemeinsinn: Dinge tun ohne unmittelbare Gegenleistung, Ehrenamt, Engagement in Vereinen, in Bürgerinitiativen, in Uniform für das Gemeinwohl, in Wohltätigkeit und in der Förderung sozialer, humanitärer oder kultureller Aufgaben. Viele Menschen tragen diese Verantwortung heute noch, und darauf können wir stolz sein.
Wenn wir an Krieg und Gewaltherrschaft früherer Tage erinnern, erkennen wir, wie wichtig Demokratie und Verständigung für den Frieden sind. Demokratien führen keine Kriege gegeneinander; Extremismus war immer ein Unglück für Deutschland und die Welt. Das Engagement für Freiheit, Demokratie und die Menschenrechte aller bleibt daher zugleich Dienst am Frieden.
Lasst uns heute der Opfer gedenken, der Geschichten, die nie wieder erzählt werden können, und der Träume, die durch Gewalt zerstört wurden. Lasst uns zugleich die Hand ausstrecken zu den Lebenden, damit sie sicher und würdevoll leben können. Möge unser Zusammenhalt wachsen, mögen wir den Mut finden, Lösungen zu suchen und die Werte der Menschlichkeit zu bewahren.
Möge der Frieden stärker sein als der Schmerz der Vergangenheit.
Totengedenken
Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg,
an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.
Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben,
der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in
Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben
verloren.
Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil
sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse
zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren, etwa
wegen ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität,
oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung
als lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie
Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und
derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung
oder an ihrem Glauben festhielten.
Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege
unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und
politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten,
Polizisten und anderen Einsatzkräfte, die im Einsatz für
unser Land ihr Leben verloren.
Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass
und Gewalt Opfer geworden sind.
Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus,
Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.
Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten,
und teilen ihren Schmerz.
Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung
auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,
und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den
Menschen zu Hause und in der ganzen Welt